Seit ziemlich genau zwei Jahren unterstützt Rebel nun schon Provide The Slide bei ihrer Mission, Surfer*innen in Afrika zu helfen, ihre Passion auszuleben. Dafür sammelt die NGOs ungenutzte oder defekte Surfboards, repariert diese und spendet anschließend die kompletten Sets (inkl. Finnen, Leash und Surfwachs).
Mitgründer Simon spricht in unserem Interview über die Arbeit bei Provide The Slide und verrät, wie ihr euren defekten Surfboards ein zweites (und sehr sinnvolles) Leben verleihen könnt.
Wie kam es zur Gründung von Provide The Slide?
Ausschlaggebend war ein gemeinsamer Trip nach Liberia 2019. Chris ergriff nach dieser Reise die Initiative, Material für unsere Surfbuddys in Liberia zu sammeln. Ein paar Monate später gründeten wir den Verein “Provide the Slide”. Wir wohnen beide in der Schweiz (Bern) und hier ist auch der Verein eingetragen. Seit der Gründung sind auch Tino und Basti aus Deutschland dabei.
Wie ist die Idee entstanden?
Wir wussten schon vor der Reise nach Liberia, dass es vor Ort einen Mangel an Surfmaterial gibt. Also haben wir je zwei Boards mitgenommen, die wir dann, am Ende des Trips, der lokalen Community übergeben haben. Es war aber offensichtlich, dass dies nur ein Tropfen auf den heissen Stein war und ein viel größerer Bedarf besteht. Wir dachten, ungenutztes Surfmaterial gibt es in Europa genug und da Chris für eine NGO arbeitet, die Fahrräder nach Afrika exportiert, sahen wir einen Weg um das Material kostengünstig an die westafrikanische Küste zu bringen.
Gab es ein bestimmtes Ereignis, dass den Anstoß für die Gründung von PTS gegeben hat?
Als wir in Robertsport durchblicken ließen, dass wir unsere Boards nach dem Urlaub verschenken werden, bestand das Problem uns zu entscheiden, welchen Surfer*innen wir nun unsere Boards geben würden. Es wurde von den Surfer*innen vor Ort ausdrücklich verlangt, das Board jemandem persönlich zu schenken, damit die Besitzverhältnisse geklärt sind. Die jeweilige Person würde dann das Board mit seinen Freund*innen teilen. Wir hätten also lieber ein paar Boards mehr dabeigehabt.
Treibende Kraft war danach definitiv Chris. Er hatte eine Vision und durch seine Arbeit bereits Erfahrung und wusste, welche nächsten Schritte es braucht. Für mich als Physiotherapeut war das alles ziemlich neu, aber ich ließ mich von meiner Neugierde leiten. Sehr bald wurde uns klar, dass die Idee, ungenutzten und defekten Surfboards ein zweites Leben zu geben, sehr viel Sinn macht und eine grosse Resonanz bei Surfer*innen erzeugt.
Was ist deine Rolle bei PTS? Arbeitest du Vollzeit für die NGO?
Alle Arbeit für PTS ist ehrenamtlich, wir arbeiten alle in unserer Freizeit für dieses Projekt. Ich bin verantwortlich für das Management der Hardware, bei mir in der Garage stehen über 100 Boards mit größeren und kleineren Defekten und ein Haufen Zubehör. Der größte Teil meiner Arbeit besteht darin, die Boards wieder dicht zu machen und Sets zusammenzustellen. Wir exportieren nur komplette Sets (Board, Leash, Finnen, Surf Wax). Es ist uns wichtig, dass die Qualität hoch ist und die Boards ein möglichst langes zweites Leben in Afrika haben.
Weiter bin ich für die Finanzen und Buchhaltung zuständig. Nebenher gibt es viele kleine Aufgaben wie Öffentlichkeitsarbeit, Partnerbetreuung oder Logistik.
Ich denke, mittlerweile kommen alle vier Mitglieder auf über zehn Stunden Freiwilligenarbeit pro Woche.
Wie groß ist euer Team insgesamt?
Bis vor kurzem waren wir zu viert. Ich lernte Tino und Basti durch Chris und das Projekt kennen. Das kleine Team ergänzt sich hervorragend und jeder kann seine Stärken ausspielen. Im Moment läuft gerade die Registrierung von PTS Deutschland. Um dem in Deutschland geltendem Recht zu entsprechen, haben wir vier weitere Freunde in die Organisation aufgenommen. Nicht zu vergessen einen Haufen Freunde und Freiwillige. Am Ende verbindet uns alle die Faszination am Surfen.
Wie werden eure Projekte finanziert?
Zu Beginn aus eigener Tasche. Später aus dem Verkauf von gespendetem Material. Mittlerweile haben wir private und öffentliche Institutionen, die uns unterstützen. Damit können wir die laufenden Logistik-, Lager- und Reparaturkosten decken.
Welches Ziel verfolgt ihr?
Bei einem Teammeeting in den Schweizer Bergen, als wir uns alle zum ersten Mal persönlich trafen (Corona lässt grüßen) formulierten wir unter anderem folgenden Ziele: Primär geht es uns als begeisterte Surfer darum, anderen Surfer*innen zu helfen, ihre Passion ausleben zu können. Zweitens ist es unsere Absicht, dass es PTS in der Zukunft nicht mehr braucht, weil unsere Partner-Communities selbst in der Lage sind, Surfmaterial zu produzieren oder zu beschaffen.
Dieses Empowerment ist zum zweiten Pfeiler unserer Aktivitäten geworden. Neben dem Bereitstellen von Material versuchen wir auch Know-How und Kontakte zu vermitteln, um die Unabhängigkeit der Surfer in Afrika zu fördern.
Was sind die Haupthindernisse für PTS um diese Ziele zu erreichen?
Einerseits gilt es große geographische und kulturelle Distanzen zu überbrücken, andererseits sind wir erst drei Jahre mit PTS unterwegs, und es gibt noch viel zu lernen. Wir haben jetzt Surfboards in sieben verschiedene Westafrikanische Länder verschickt, oft an Orte wo es früher gar keine Surfboards gab. Wir haben den Samen gepflanzt. Was aber vor Ort aus den Communities entsteht sind wir gerade erst am Beobachten. Es gibt aber sehr positive Hinweise.
Was war dein bisher spannendstes Projekt mit PTS und warum?
Die Sammeltour jetzt im Herbst durch Spanien war schon ein Highlight, da ich das Surfen und Arbeiten verbinden konnte. Mittlerweile sind wir einem größeren Publikum bekannt und es öffnen sich Türen für Partnerschaften mit interessanten Institutionen und spannenden Menschen. Häufig sind es Leute, die auch durch Surfen an entlegene Orte gereist sind und die Freude kennen, die man einem Menschen bereiten kann, wenn man ihm sein Board leiht oder schenkt.
Was plant PTS für das Jahr 2023?
Geplant ist eine grosse Lieferung nach Sao Tomé, wo wir mit www.somasurf.com zusammenarbeiten werden. Hier unterstützen wir ein bestehendes Projekt, das Surf-Therapie für Frauen anbietet. Jedes Jahr gibt es auch eine Projektreise, bei welcher bestehende Projekte besucht und evaluiert werden. In welcher Form dies 2023 geschehen wird, ist noch unklar.
Wie kann man PTS am besten unterstützen?
Da gibt es viele Möglichkeiten, am einfachsten ist es uns auf Instagram zu Adden/Sharen. Und unsere Website zu besuchen und die Message zu verbreiten, dass es eine Organisation wie PTS gibt. Wenn Mensch kein Material zum Spenden hat, sind wir auch um Geldspenden froh. Für 70 Euro findet ein Surfset einen neuen Besitzer und für 5000 Euro können wir einen Schiffscontainer mit ca. 80 Boards beladen und die ganze Logistik und Zollformalitäten abwickeln.
Und last but not least, suchen wir immer Leute die bereit sind defekte Surfboards für einen guten Zweck zu reparieren. SurfUpcycling!
Was bedeutet Surfen für dich?
Ich möchte diesen Begriff eigentlich nicht aufblasen. Für mich ist es eine schöne Art mir meine Zeit zu vertreiben. Nirgends sonst bin ich so in ständiger Berührung mit einem Element wie beim Surfen.
Auf jedem Surftrip treffe ich Menschen, die zu wirklich guten Freunden werden und wie eine Art Surf Familie für mich bilden.
Dein Tipp für eine nachhaltigere Surfwelt?
Informiert euch, es gibt jede Menge kleine Start Ups und Initiativen die ökologisches Surfmaterial herstellen, wie zum Beispiel Rebelfins, die Finnen aus rezykliertem Plastik pressen. Die Technologie ist da, es ist an uns, diese Wahl zu treffen.
Repariert eure Boards, benutzt die Mitsurfbörse auf Facebook und ähnliches, lernt gleichgesinnte Leute kennen und macht aus dem Surfen einen Wassergemeinschaftssport und kein Motoreinzelsport.